Das Basler Breite-Quartier und Birsfelden haben vieles gemeinsam. Faktisch und im Alltag ist Birsfelden ein Teil von Basel. Da stellt sich die Frage, ob sich die Baselbieter Gemeinde der Stadt anschliessen könnte?
Wirklich willkommen im Baselbiet?
Der Dreier rattert vom St. Albantor Richtung Breite und dort stemmt sich ein älterer Herr aus seinem Sitz, schlurft zur Türe und brummt vor sich hin: «Wer jetzt nicht aussteigt, dem bleibt’s nicht erspart: Er muss nach Birsfelden.»
Bitte wie? Da lästert doch tatsächlich wieder einer aus dem nicht übermässig blühenden Basler Breite-Quartier über Blätzbums auf der anderen Seite der Birs. Dabei kommen die Breitlemer, die keine richtige Post mehr haben, immer öfter über die Brücke, wenn sie wichtige postalische Geschäfte zu erledigen haben, loben das reichhaltige Angebot im Birsfelder Coop und Migros, legen sich – wenigstens bis um zehn Uhr abends – auf die sonnigere Birsfelder Seite vom Birsköpfli. Aber sonst nur Spott. Umgekehrt die Birsfelder: Sie durchqueren im Tram, im Bus, auf dem Velo emotionslos die Breite, wenn sie in die Stadt müssen.
Dabei haben das Breite-Quartier und Birsfelden doch einiges gemeinsam: Im Osten Basels liegend, werden sie von ihren Zentren – der Stadt auf der einen und dem Kanton Baselland auf der anderen Seite – stiefmütterlich behandelt bis vernachlässigt. Sie sind in ihrem jeweiligen Halbkanton politisch kaum bis schwach vertreten. Sie haben keine direkte öffentliche Verbindung zum Bahnhof SBB, obwohl er nur gerade zwei bis drei Kilometer entfernt liegt. Die Bevölkerung: ein bisschen Mittelstand, viele Zugezogene, hoher und recht gut integrierter Ausländeranteil. Wenig Industrie und Gewerbe und kleines Steuersubstrat.
Nicht besonders geschätzt
Birsfelden ist abgeschnitten vom Baselbiet. Im Süden die Autobahn, im Osten der Hardwald, im Norden der Rhein. Die einzige offene Seite ist jene nach Basel. Hier spielt sich das alltägliche Hin und Her ab. Hier geht man durch, wenn man etwas braucht, wenn man zur Arbeit aufbricht. Nur gerade, wer den Pass erneuern oder sonst ein amtliches Geschäft erledigen muss, schlängelt sich nach Liestal durch.
Man lebt wie in einer Exklave, die im Baselbiet nicht mal besonders geschätzt wird. So haben bei der Abstimmung über die Hafenfusion alle Gemeinden gegen die Interessen Birsfeldens gestimmt. Und als kürzlich erste Pläne für eine Untertunnelung der Osttangente erörtert wurden, beeilte sich die Baselbieter Baudirektorin klarzustellen, dass ihr Kanton sich nicht an den Kosten zu beteiligen gedenke. Ganz so, als ob der abendliche Ausweichverkehr durch Birsfelden das Baselbiet nichts angehe.
Doch was für eine Braut!
Faktisch und im Alltag ist Birsfelden ein Teil von Basel. Folgerichtig wäre deshalb, dass Birsfelden – aus der Fusionsabstimmung der beiden Basel wird wohl eh nichts – sich aufmacht und sich Basel anschliesst. Gewiss, Birsfelden lebt zurzeit vom Finanzausgleich und scheint keine begehrenswerte Braut zu sein. Aber da schlummern Schätze. Die Stadt hätte plötzlich ein eigenes Kraftwerk. Der Hafen könnte unter Basler Dach anders genutzt werden. Statt Recycling-Wüsten entstünde prächtiger und viel Wohnraum am Wasser. Die im Vergleich zum Baselbiet wohl effizientere Standort- und Wirtschaftsförderung der Stadt könnte Firmen und Gewerbe anlocken. In den Lokalen des Zentrums und an der Hauptrasse würden attraktivere Geschäfte ihr Glück versuchen als Matratzen-Outlets.
Der Osten Basels würde aufgewertet, Birsfelden und die Breite vom Schwarzpark bis zum Rhein könnten wie einst das St. Johann aus dem Dornröschenschlaf erwachen. Birsfelden gehört eigentlich bereits zur Stadt. Mit zwei, drei Abstimmungen und ein wenig Geduld liesse sich ein Kantonswechsel auch amtlich regeln. (erschienen in bz Basel, 25. August 2014)