Ein Velostreifen auf der Birsfelder Hauptstrasse? Wäre eine feine Idee. Der Landrat in Liestal findet das gut, die Trämmler in Basel überhaupt nicht. Vor allem einer nicht. Er will freie Fahrt und fordert Vergeltungsmassnahmen gegen renitente Baselbieter.
Der Baselbieter Landrat hat mit grosser Deutlichkeit angekündigt, dass er die Birsfelder Einfallstrasse in die Stadt Basel anders gestalten will. Nämlich so, dass in Birsfelden niemand mehr Kopf und Kragen riskieren muss, wenn er oder sie beim Bäcker Weber auf der anderen Strassenseite ein Brot kaufen oder mit dem Velo noch schnell etwas im Coop holen will. Das verärgert vor allem einen der vielen Trämmler der Basler Verkehrs-Betriebe – sein Groll gegen die Landschäftler bringt ihn auf sonderbare Ideen.
Grenze ist Grenze ist Grenze
Besagter Trämmler – oder korrekt: BVB-Wagenführer – heisst Beat Leuthardt, ist Grossrat und zwar einer von der Basta. Er findet es unerhört, dass Birsfelderinnen und Birsfelder bereit sind, ein Tram-Trassée zu opfern, um Todesfallen für Velofahrer und Fussgänger zu beseitigen. Das empört ihn sehr und so mag er das 3-er Tram, das normalerweise aus St. Louis herkommend bis «Birsfelden Hard» fährt, nicht mehr über die Halbkantonsgrenze steuern, sondern nur noch bis in die Breite. Er fordert: Wendeschlaufe vor der Birs, damit der Wagenführer seinen Wagen nicht zu den Eingeborenen aufs «Land» fahren muss.
Beat Leuthardt, der sich als Grossrat und als Geschäftsführer des Mieterverbands vorbildlich für die schwächeren Mitglieder der Gesellschaft einsetzt und seit Jahren teilzeitlich Trams auf den BVB-Linien fährt, ist in all den Jahren als Wagenführer offenbar ein richtiger Wagenführer geworden. Er führt einen Wagen und wenn er auf der 3-er-Linie eingeteilt ist, will er nur eins: seinen Wagen zielstrebig durch Birsfelden führen. Freie Fahrt auf freien Trassées. Keine Gefühlsduseleien von wegen enger Trottoirs und fehlender Velostreifen in Birsfelden. Das geht ihn als Wagenführer nichts an, denn seine Welt ist ein Tram ist ein Tram ist ein Tram und ein Tram verspätet sich nicht. Leuthardt hat – was vielen anderen Wagenführern mit der Zeit auch geschieht – vergessen, dass in dem Wagen Passagiere sitzen, die mit einer Wendeschlaufe in der Breite hocken blieben, obwohl sie eigentlich über die Halbkantonsgrenze hinüber zu ihren Artgenossen auf dem Land fahren wollten. Wer eine Zeitlang Wagen der BVB führt, der denkt nur noch ans Wagenführen und an sonst nichts. Ganz sicher nicht an Passagiere oder Kunden oder wie das Pack heisst.
Eine Mauer!
Ob eine Wendeschlaufe in der Breite allerdings genügt, um die Eingeborenen der Birs von der Stadt fernzuhalten, ist fraglich. Besser wäre eine Mauer. Eine richtig hohe Mauer. Nicht so eine billige Wessels-Wendeschlaufe, sondern etwas Unüberwindliches. Eine ziemlich hohe Mauer, wo sie dann sicher nicht mehr drüber kommen. Eine Festung müsste man errichten wie die Festung Europa, über die Beat Leuthard übrigens ein sehr eindrückliches Buch geschrieben hat. Über die Engstirnigkeit der Europäer, die herzlos Asylsuchende fernhalten. Aber eine Festung Basel ist etwas anderes, sie wäre pädagogisch sinnvoll, würde den Rampassen beibringen, was Prioritäten sind: Erst der Wagen, dann die Menschen.
Man könnte natürlich auch darüber nachdenken, wie man Staus von der Birsfelder Hauptstrasse fernhält. Wenn man dabei zu keiner guten Idee kommt, sollte man vielleicht über die Stadtgrenze hinausblicken, falls die Mauer nicht schon gebaut ist. Richtet man oben im Hardwald und – wohl etwas komplizierter – unten in der Breite ein so genanntes Tropfenzählersystem ein, wie es am Gotthard für Lastwagen funktionierte, könnte der Wagenführer seinen Wagen mitsamt Insassen staufrei durch Birsfelden führen. Der Stau bliebe dann zum Beispiel oben im Hardwald zurück. Das wäre doch mal was und alleweil günstiger als eine Wendeschlaufe in der Breite.
Mit Medellín fing alles an. Seit 2004 schwebt mitten aus der Metropole eine Seilbahn hügelaufwärts – über Dächer, Palmen, Strommasten bis ins Viertel Santo Domingo am nordöstlichen Rand der Stadt. Dort war die Hochburg des Drogenbosses Pablo Escobar, damals, als Medellín, Kolumbien, noch der gefährlichste und mörderischste Ort der Welt war. Die Metrocable Medellín wurde zum Modell: für Südamerika und den Rest der Welt. Überall entdecken Stadtplaner nun die Seilbahn als Lieblingslösung für den Massenverkehr, schneller, platzsparender, kostengünstiger zu bauen als U-Bahntunnel, leiser und umweltverträglicher als Busse.
Weltweit sind Projekte in Planung oder im Bau, auch in Europa, wo Gondeln bislang Gebirgsregionen oder Großereignissen wie Gartenschauen, Weltausstellungen und Olympischen Spielen vorbehalten waren. In Ankara, Mekka, Toulouse und Mexiko-Stadt, in Austin (Texas), Cardiff (Wales), Constantine (Algerien), Kampala (Uganda) und Lagos (Nigeria): Die Zukunft liegt in der Luft.
Beispiel in Bolivien: Eröffnete 2014 das größte städtische Seilbahnnetz der Welt: drei Linien zwischen der Hauptstadt La Paz und der Nachbarmetropole El Alto, gebaut für 18 000 Passagiere pro Stunde. Gesamtlänge elf Kilometer.
Die Schweiz wäre prädestiniert ihre städtischen Verkehrsprobleme mit Seilbahnen zu lösen. Das Knowhow wäre vorhanden und es gäbe genügend Ingenieure und Produzenten, welche innovative Lösungen umsetzen könnten.
Die 3er-Linie wäre ideal für eine Seilbahnlösung, als Nahverkehrssystem. Ab Bahnhof SBB, via Aeschenplatz, entlang der St.Albanvorstadt, Breite, quer durch Birsfelden-City mit einem grossen Schlenker durch den Birsfelder Hafen. Voilà!
Die grünen Trams sind nun wahrlich nicht das Ende der ÖV-Vision und haben, so wie wir sie kennen, langsam ausgedient. Das System «Tram« kannibalisiert sich im städtischen Verkehrsraum selber.
Empfehlung! Eine Handvoll Hafengeschichten: http://www.birsfaelder.li/wp/tag/hafengeschichte/
Aktuell: http://www.birsfaelder.li/wp/politik/wo-bleiben-die-interessen-der-gemeinde-birsfelden/