Die Glocken von Grindel

Rund ums Baselbiet, Etappe 7 von Bärschwil nach Brislach – 13. Januar 2020. Das neue Jahr ist angebrochen und das Projekt der Kantonsumgehung höchstens zu einem Drittel umgesetzt. Zeit, loszuziehen! Von Bärschwil geht es bei der Birs jetzt erst mal wieder rechtsseitig hoch.

Modlenbach und Strasse nach Bärschwil
Nun sind wir unterdessen gut ins 2020 gerutscht und wollen sehen, ob die Grenzsteine noch stehen. Das Postauto fährt mich nach Bärschwil Station, und es erwartet mich grad von Anfang an, gleich hinter dem Bahnhof und seinen mächtigen und stillen Gebäuden, ein hübscher Waldweg, der parallel zur Autostrasse ins Nebental hineinführt. Die Luft ist frisch, nicht kalt, obwohl Januar. Ein verträumter Pfad biegt nach links oben ab, vorbei an einem kleinen Wasserfall, über eine Holzbrücke, und ich wähle ihn, obwohl ich etwas von der Grenze abkomme.
Wasserfall unterhalb Stürmen
Plötzlich tut sich «Stürmen» auf – eine riesige Waldlichtung mit einem Bauernhof. Keine Seele regt sich dort.

Weiher bei Stritteren
Ein Weg biegt wiederum links ab in ein Seitentälchen, das Strittere heisst und gleich zu Anfang einen lauschigen Weiher bietet, wo man sich kühle Sommerabende vorstellen kann – allerdings stören die Stromleitungen schon ein wenig. Und dort, am Ende des Weihers, biegt ein sehr steiler Pfad ab, den ich nehmen muss, wenn ich einigermassen der Grenze folgen will – und das ist hart. Auf relativ kurzer Distanz bewältige ich dreihundert Höhenmeter, was sich dann aber doch lohnt. Ab Nasenfels wird die Aussicht prächtig:
Nasenfels
rückwärts nach Bärschwil, vorwärts zu den Höfen von Grindel rechterhand und Richtung Laufen linkerhand. Ich wandere auf der Krete, die auch Kantonsgrenze ist, bis Rütliberg, von wo man durch die Bäume in die Ebene von Laufen blicken kann und hinüber bis in die Vogesen. Hier muss mal gerodet gewesen sein, sonst würde es ja kaum Rütliberg heissen. Aber jetzt wachsen da allergattig Bäume und irgendwo unten ist einer mit einer Kettensäge dran, welche zu fällen. Der Lärm wird zum Begleiter.

Dann hinunter nach Grindel. Ich gehe durchs Dorf, weil der Grenzverlauf dort sehr abschüssig zu sein scheint, und als ich aus dem Wald heraustrete, beginnen die Kirchenglocken zu läuten.

Grindel und seine Kirche
Das wäre nun wirklich nicht nötig gewesen. Finden die Schafe auch, die auf einer Wiese liegen. Ich wäre eingekehrt in eine Beiz, wenn ich eine gefunden hätte, aber ich fand keine. An vielen Briefkästen steht «Borer». Das habe ich eigentlich schon gewusst, dass all die «Borer» aus Grindel kommen. Ohne Beizen-Einkehr ziehe ich weiter Richtung Wahlen, hätte einen kleinen Berg mit schier unüberwindlichen Felsen, den Bännlifels, überwinden sollen, von denen der eine ein riesiges Kreuz auf der Spitze trägt. Diesen kleinen Berg umwandere ich gelassen, zum Teil auf einer Teerstrasse, auf der die Leute in den Autos winken, wenn sie einem entgegenkommenden Wanderer begegnen.

Die Laufener Ebene
Dann endlich, bei einem stattlichen Hof mit einer mächtigen Konifere davor, trete ich aus einem Wald heraus und sehe die Laufener Ebene vor mir liegen, auf die ich am 12. Mai vom Blauen herab auch geschaut und mich gefragt habe, wann ich wohl hier unten vorbeigehen werde. Die Grenze nach Brislach verläuft quer durch die Felder, überquert Verbindungsstrassen mit beachtlichem Durchgangsverkehr, wobei festzustellen ist, dass die Baselbieter mehr Wert auf gepflegte Strassen legen als die Solothurner,
Am Strassenbelag erkennt man die Kantonsgrenze
was ich jetzt nicht unbedingt den sinnvollsten Einsatz für Steuergelder finde. Auf den Wiesen und Äckern schleppe ich riesige Erdklumpen an den Schuhen mit und frage mich, wie es wohl dazu gekommen ist, dass die Felder der Bauern sich nicht um Kantonsgrenzen scheren. Aus irgend einem Grund hat man die Grenze ja mal durchgezogen und es leuchtet mir zum Beispiel nicht ein, wie man einem Bauern erklären konnte, dass ein Teil seines Ackers im Kanton Solothurn und der andere im Kanton Bern liege. Einige Grenzsteine sind auch hier so alt, dass noch Bern draufsteht.

Kapelle beim Fichtenhof
Auf dem Bänklein vor einer Kapelle beim Alten Fichtenhof esse ich meine belegten Brote, schaue Spaziergängern zu und mache mich dann auf nach Brislach. Auf der Grenzlinie dorrt dort ein drei Meter breiter Streifen mit irgend einer ökologisch wahrscheinlich sinnvollen Pflanzenart vor sich hin – etwa anderthalb Meter hoch sind die dichtstehenden, grauen Stauden. Eine Grenzbeflanzung, könnte man sagen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert