Beleidigte Verleger, hysterische Medienbeobachter – SRG-Generaldirektor de Weck versetzt die Szene in helle Aufregung. Dabei tut er, was er tun muss.
Pfui, dieser Mann ist sicher grad am Lobbyieren
Nein, ich bin kein wahnsinnig grosser Fan von Roger de Weck. Schliesslich habe ich beim Tages-Anzeiger fünf Jahre lang unter ihm gearbeitet. Darum kann ich mir lebhaft vorstellen, wie es seinen Gegnern unter den Verlegern den Hut lüpft, wenn er für seine Sache weibelt. Für die SRG, fürs Schweizer Fernsehen und fürs Schweizer Radio mit allen ihren deutschsprachigen, welschen, italienischen und rätoromanischen Sendern und Sendungen. Denn Roger de Weck pflegt, auch wenn er sich gern in gutes Tuch kleidet und sich gewählt ausdrückt, einen recht ruppigen Umgang.
Im Moment ist er gefordert. Eine medienpolitische Girl-and-Boygroup von Christoph Blochers Gnaden will die Billag-Gebühren abschaffen, was mehr oder weniger das Ende der heutigen SRG bedeuten würde. Nun hätten Blocher und seine Getreuen natürlich gern, dass Generaldirektor de Weck sich wie ein verschupfter Strassenmusikant in einen Hinterhof verzieht, wenn sie zum Kampf aufspielen. Tut er aber nicht, der Herr de Weck, sondern er wehrt sich für die SRG, er lobbyiert, was ja an sich schon gruusig sein soll, wirbt mit der Qualität der SRG-Sendungen auf den verschiedenen Kanälen (auch online) und – ja, er macht seinen Job. Er setzt sich für sein Unternehmen ein. Schliesslich kassiert er auch ein paar Hunderttausend dafür. Soll er einfach in seinen Sessel furzen und warten, bis die Abstimmung über die Billag-Gebühren vorbei ist?
Der Anti-Billag-Stosstrupp kommt aus Blochers Ecke. Logisch, schlägt der SRG-Generaldirektor in genau diese Richtung zurück. Er beobachtet eine Blocherisierung der privaten Medien und stellt die Unabhängigkeit der SRG dagegen. Er hat Anhaltspunkte für seine These: Weltwoche, Basler Zeitung, Inthronisierungsversuch des Blocher-Getreuen Markus Somm auf den NZZ-Chefsessel. Und jetzt die Gerüchte über eine Zusammenarbeit der Basler Zeitung mit dem Tages-Anzeiger, die insbesondere Tamedia beleidigt dementiert. Was natürlich schon eine besondere Note hat, denn eben haben BaZ und Tagi offiziell ein engeres Zusammengehen kommuniziert.
Man soll nicht die Vergangenheit der Medien verklären. Nein, sie waren vor 20 Jahren nicht grundsätzlich besser, vor allem waren es die JournalistInnen wahrscheinlich nicht. Aber die medialen Möglichkeiten sind grösser geworden, die Technologie vielfältiger, der Durchblick schwieriger und die privaten Verleger suchen verzweifelt, wie die Zukunft finanziell zu bewältigen sei und wie sie verhindern, dass sie in die Grube fallen, die sie sich mit ihren Gratisangeboten selbst gegraben haben. Das alles kümmert Blocher nicht. Seine Medien müssen keine schwarzen Zahlen schreiben. Sie müssen Politik machen. Seine Politik. Dafür zahlt er. Und wenn mal so ein Verleger mit seinem Verlag trotzdem in die Grube fällt, so holt ihn Blocher heraus. Wenigstens den Verlag.
So – und das ungefähr versucht de Weck, den Leuten klarzumachen. Und vor allem setzt er etwas dagegen: Die Unabhängigkeit der SRG, den Qualitätsjournalismus der SRG-Sendungen und die Professionalität SRG-Medienleute, die sich nicht dem gängig gewordenen rechten Mainstream anpassen. Grosse Worte, selbstverständlich. Einige bezeichnen das, was de Weck so geschwollen anpreist, anders: langweilig – aber das ist eine andere Diskussion. Dass Blocher sich in der «Schweiz am Sonntag» bei anderen Verlegern, denen er gern das eine oder andere Blatt abluchsen würde, anbiedert und sagt, die de Weck’schen Aussagen seien kreditschädigend für die Verlage, gehört zum Spiel. Dass viele andere Verleger Blocher Beifall klatschen und sogar mitheulen, lässt einen an die Kälber denken, die ihre Metzger selber wählen.
Unbegreiflich aber ist, was gewisse Medienbeobachter zum Besten geben: De Weck mache, kritisiert der KleinReport, «was er früher immer schon machte – Politik. Und zwar hemmungslos. Obwohl er kein politisches Amt bekleidet, lanciert de Weck ausserhalb jeglicher Corporate Governance eine Kampfkampagne gegen die privaten Verleger und Christoph Blocher. Was für eine unerträgliche Dummheit, kann der Klein Report hier nur konstatieren!»
Wie war das jetzt mit der Dummheit? Anders gefragt: Ist Dummheit auch relativ?
Oder: Was soll man tun, wenn der politische Gegner zum Angriff bläst? Den schönen Sakko anziehen und Kunst anschauen? Oder den Golfbag schultern und warten, bis der politische Gegner gewonnen hat? Dann doch lieber lobbyieren, Roger de Weck, it’s just your job.