Die Knall-Steuer

Das Schöne an den Erstaugust-Feierlichkeiten ist, dass uns die verkohlten Reste noch tagelang an das Freudenfest erinnern und uns auf ganz kreative Ideen bringen.

knallrestenFreudenreste auf der Fussgänger-/Radfahrerbrücke zwischen Muttenz und Birsfelden

All die Pessimisten, die stundenlang darüber lamentieren können, wie der innere Zusammenhalt unseres Landes verloren geht, weilen während des Übergangs vom Juli zum August vermutlich jeweils in den Ferien. Gerade in diesen Tagen zeigt sich wie in kaum einem anderen Land, wie der Gemeinsinn Urstände feiert. Zugewanderte und Alteingesessene, Secondos und Patrioten, Arm und vielleicht auch Reich – alle schiessen Feuerwerk in den Himmel und durch die Lüfte, dass einem das Herz lacht.

Seit zwei oder drei Jahren muss man nicht mehr zum OBI oder Coop oder wohin auch immer pilgern, um sich mit Feuerwerk einzudecken. Nein, unzählige Heimatliebende bringen das Feuerwerk in die Quartiere. Vorn an der Strasse zum Beispiel bauen unsere ausländischen Mitbürger aus dem Balkan vor ihrem Laden mit Angelruten, gezackten Messern und weiteren Fischereiartikeln einen Feuerwerksstand auf, wo dem Kunden Knalliges und Leuchtendes angeboten wird, dass es eine Freude ist. Das ist gelebte Integration von Leuten, die sich sonst eher zurückhaltend zeigen, sich biedere eidgenössische Angewohnheiten wie das Grüssen oder dergleichen Angewohnheiten anzueignen. Seit diesem Jahr bietet zudem der Drogist vis-à-vis, der sonst meist allein und traurig in seinem Laden auf Kunden wartet und am Samstag um 16 Uhr schliesst, Feuerwerk an. Und zwar auch am Sonntag und am Feiertag des 1. August.

Kurzum: Der innere Zusammenhalt des Landes wächst, von Jahr zu Jahr. Alle krempeln die Ärmel hoch und zeigen, was ihnen dieser Nationalfeiertag wert ist. Viel mehr als etwa Sylvester, wie die Feuerwerksbranche bezeugt: 80 Prozent des Umsatzes macht sie am 1. August. Nur: Unterdessen ist es fast etwas zu viel, was da in die Luft geht. Etwas beängstigend viel. Nicht nur wegen des zunehmenden Krachs. Auch die Luft, die wir ja irgendwie brauchen, um zu atmen, wird schwer belastet. Zu schwer, wahrscheinlich. So schwer jedenfalls, dass das Lufthygieneamt den Dreck entweder nicht mehr messen kann oder sich gar nicht mehr getraut zu sagen, wie schlimm es um uns steht. Jedenfalls verheimlicht das Amt die gemessenen Werte.

Irgendwie müsste man aus ganz rationalen Gründen das Wachsen des inneren Zusammenhalts etwas bremsen. Verbote wären allerdings der falsche Weg. Es gibt einfach schon zu viele Einschränkungen in unserem alltäglichen Leben. Drum gibt’s nur eins: Finanzielle Anreize – wie wärs mit einer klitzekleinen Steuer von sagen-wir-mal fünfzig Prozent auf all dem Feuerwerk? Eine Knallsteuer, die niemandem weh tut. Es dürfen alle weiter feuern, so viel wie sie wollen und so weit ihr Budget reicht. Es wären alle zufrieden und der Herr Finanzminister Ueli Maurer, der irgendwo an einer Erstaugustfeier sagte, der Staat dürfe nicht mehr ausgeben, als er einnimmt, hätte mir-nichts-dir-nichts ein paar Dutzend Millionen mehr zum Ausgeben.

Und wenn wir eine Woche nach den Feierlichkeiten an solchen Häufchen verkohlter Zusammenhalts-Kracher vorbeigehen wie oben auf dem Bild, würden wir uns noch mehr über das vergangene Fest freuen, weil wir wissen, dass es uns – oder zumindest der Kasse vom Finanzminister Maurer – auch längerfristig etwas bringt. Und diese Kasse gehört ja auch ein bisschen uns allen.

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