Ein verunfallter Heimwerker wahrt in seinem Schreiben an die Versicherung die Contenance, und uns fiel damals nichts Gescheiteres ein, als darüber zu lachen.
Datiert ist das Schreiben vom 4.11.74. Es muss etwas später gewesen sein, als unser Onkel, der bei der Versicherung am Basler Aeschenplatz arbeitete und der am Sonntagabend manchmal zu einem Glas Wein vorbeikam, die Fotokopie einer Schadensmeldung mitbrachte, um uns zu unterhalten (jaja, Fotokopien gab es schon). Diese Kopie ist mir letzthin in die Finger geraten, ich habe sie gelesen und mich beschämt daran erinnert, was für grobe, gefühlslose Jahre doch diese Siebziger waren – denn wir haben uns damals amüsiert über das Schicksal dieses bemitleidenswerten Mannes. Hier seine minutiöse Schilderung des Unfalls – ist da wirklich noch jemandem ums Lachen?
«Sehr verehrte Versicherung!
Nachdem ich nun im Krankenhaus bin und wieder schreiben kann, muss ich Sie, verehrte Versicherung, bitten, meinen Unfallschaden wie folgt aufzunehmen: Ich hatte vom Bau meines kleinen Häuschens noch Backsteine übrig und diese wegen der Trockenheit auf dem Dachboden gelagert. Jetzt wollte ich aber ein Hühnerhaus bauen und dazu die da oben gelagerten Steine verwenden. Dazu erdachte ich mir folgende Maschinerie: Der Dachboden hatte an der Hauswand eine Tür, woraus ich einen Balken verankerte und daran ein Bälkchen mit einer Rolle, wodurch ich ein Seil laufen liess. An dem Seil hatte ich eine Holzkiste befestigt, die ich dann hinaufzog. Das Seil hatte ich dann unten an einem Pflock festgebunden. Jetzt bin ich hinaufgegangen und habe die Steine in die Kiste geladen. Dann bin ich wieder hinuntergegangen und wollte die Steine in der Kiste langsam herunterlassen.
Ich band das Seil los, hatte dabei aber nicht daran gedacht, dass die Steine in der Kiste schwerer waren wie meine Person. Als ich bemerkte, dass die Steine so schwer waren, hielt ich das Seil ganz fest, damit die Steine nicht herunterstürzten und kaputtgingen, denn die brauchte ich ja für mein Hühnerhaus. So ist es dann geschehen, dass mich die Steine an dem Seil nach oben zogen, wobei mir die Kiste die linke Schulter aufgerissen hat, als wir uns in der Mitte zu begegneten. Ansonsten bin ich gut an der Kiste vorbeigekommen. Habe aber oben mir meinen Kopf angestossen und zwar erst an dem Bälkchen und dann an dem Balken.
Trotzdem hatte ich aber das Seil festgehalten, damit ich nicht hinunterfalle. In demselben Augenblick ist aber die Kiste mit den Steinen unten auf dem Boden angelangt, durch den heftigen Aufprall ist der Boden herausgebrochen und so konnte es geschehen, dass die Kiste wieder leichter wurde wie ich. Die Folge davon war, dass ich als der schwerere Teil wieder nach unten sauste und die Umrandung der Kiste nach oben, wobei wir uns wieder in der Mitte begegneten. Dabei schrammte mir der Kistenrest die rechte Schulter. Als die Kiste oben war, fiel ich unten so unglücklich auf den Boden, dass ich mir das rechte Bein gebrochen habe und sofort in Ohnmacht fiel. Nur dadurch konnte es geschehen, dass ich das Seil losliess, was wiederum bewirkte, dass die Kiste allerdings ohne Boden wie eine Birne von oben auf mich herabfiel und mich so unglücklich traf, dass ich demnächst oben und unten ein Gebiss angepasst bekomme.
Dass der Schaden nicht noch grösser geworden ist, verdanke ich Ihrem Versicherungsagenten, bei dem ich eine Unfallversicherung unterschreiben musste und zu der ich nach der Wiederherstellung meiner Gesundheit und meiner Zähne die Rechnung einreichen werde. Wenn Sie diese dann beglichen haben, werde ich Sie in meinem Dorf weiterempfehlen.»