Hallo Köln, wir kommen 20. September 2018

Bad Godesberg, Bonn – Köln: Weit ist es nicht mehr, die letzten Kilometer gehen von selbst. Nach so viel Grün und Natur und Wasser und Trockenheit schauen wir uns in Museen und auch ein bisschen im Dom um.

Museen, Dom, Theater und auch die Philharmonie – alles ziemlich nah beieinander

Eine Frau, die einst in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss hier in Bonn gearbeitet hat und nicht in die neue Regierungsstadt Berlin wechseln wollte, zeigt uns den Weg hinunter an den Rhein. Wir haben sie an einer Ampel nach dem Weg gefragt, und sie hat uns gebeten, ihr zu folgen. Jetzt arbeitet sie bei der Telecom, wo es nicht mehr so spannend ist, aber sie konnte Bonn damals einfach nicht verlassen.

Unsere letzte Etappe ist unspektakulär, die Strecke zwischen Bonn und Köln viel hübscher und abwechslungsreicher, als wir erwartet haben. Irgendwann müssen wir den Uferweg verlassen, um eine Fabrikgelände zu umfahren. Wir verpassen den Weg zurück zum Rhein und durchqueren kilometerlang Industrieareal mit Tanks und riesigen Rohrleitungen und nehmen uns vor, vor der Ortstafel «Köln» ein Selfie zu machen. Auf unserer Route taucht aber nie eine Ortstafel aus und so lassen wir uns unten am Rhein von einem vorbeigehenden Mann ablichten. Es ist ziemlich genau Mittag. Wir sind am Ziel.

In eine andere Welt
Die Reise ist aus, zu Ende. 650 Kilometer waren wir unterwegs, 650 Kilometer mit vielen Umwegen, dafür ohne Panne oder Schrammen. Das Hotel haben wir diesmal vorausschauend reserviert, was auch nicht ganz einfach war. Es ist grad Kinderkleider-Messe in Köln und die Unterkünfte sind besetzt, die Preise drei Mal höher als normal, wie uns ein Hotelangestellter sagt.

Wir ziehen uns um, lassen die Outdoor-Kleider in der Satteltasche und schauen uns um, wie das Touristen halt so tun. Da ein Kuchen, dort ein Gläschen. Dann wollen wir ins Museum für Angewandte Kunst, um die Stil- oder Design-Ausstellung anzuschauen. Die ist aber geschlossen. Einige Besucher sind empört. Sie sind extra deswegen hierher gekommen. Die Aufsichtsperson, eine strenge, kräftige Kölnerin, sagt mit resoluter Stimme: «Die ist noch mindestens ein Jahr zu. Da wird umgebaut. Dafür wird’s was Schönes.» Kann man nichts machen. So schauen wir «Peter Cowland’s Girls», eine Sonderausstellung im Erdgeschoss, die im Gegensatz zur Andy-Warhol-Sonerausstellung im obersten Stock den Vorteil hat, dass man nicht zwei lange Treppen hochsteigen muss.

Die Ausstellung – so heisst es im Katalog – widmet sich «den aufregenden Pin-up-Fotografien des amerikanischen Fotografen Peter Gowland (1916 – 2010). Er fotografierte ab 1946 in und um Los Angeles junge Frauen im Glamour und Pin-up-Stil. Bereits zu Beginn seiner Karriere bezeichnete ihn die ‚New York Times’ 1954 als ‚America’s No. 1 Pin-Up Photographer’ und siedelte seine Bilder später im ‚Irgendwo zwischen Verführung und Kunst’ an.» Aus Gowlands Nachlass haben die Kuratoren «die aufregendsten, elegantesten und gewagtesten Bilder einer beispiellosen Pin-up-Fotografenkarriere ausgewählt: Stars wie Joan Collins oder Jayne Mansfield, Arbeiten für Playboy oder Rolling Stone sowie seine Bilder für ungezählte Kalender- und Zeitschriften der 1940er bis 1970er Jahre» hängen da rum. Und das schauten wir uns an und ich dachte so darüber nach, wie das Leben so geht und fragte mich, wie diese in den 50-er und 60-er Jahre fotografierten Nackedeis, die nun achtzig und drüber sind, wohl aussehen. Der Lauf der Zeit!

Nach so viel Pin-up steigen wir doch noch die Treppen hoch und sehen uns die ausgestellten Platten-Covers von Andy Warhol an, hören ein bisschen Velvet Underground und Aretha Franklin.

Auf der anderen Seite des Doms, im Museum Ludwig, lernen wir Gabriele Münter kennen. Ihre Werke, ihr Leben. Die Werke faszinierend, das Leben bedenklich. Sie war eine der Gründerinnen der Blauen Reiter, lange Zeit Lebensgefährtin von Wassily Kandinsky, der sie ziemlich verarscht hat und später sogar gerichtlich gegen sie vorgegangen ist, weil er überzeugt war, dass sie nur derart speziell malen konnte, weil sie von der Ausstrahlung seiner Genialität profitiert habe.

Und der Dom halt. Da müssen wir auch rein. Wir zünden auch Kerzen an, unterhalten uns beim Essen vor dem WDR-Funkhaus mit einem Paar aus Weimar, das mit einem befreundeten amerikanischen Organisten Köln besucht. Der Organist erfährt im Laufe des Gesprächs, dass die Schweiz nicht Mitglied der EU sei, was er gar nicht glauben will. Das Weimarer Paar rät uns, draussen zu bleiben, obwohl die EU durchaus ihr Gutes habe. Der Euro sei einfach ein Mist. Das mit Griechenland findet der Mann aus Weimar, der zwischendurch zum Rauchen wegtreten muss, schlecht. Die armen Griechen zahlten und zahlten, und Deutschland kassiere, sagt er. Dann erzählt der Amerikaner, dass er heute in der Bachkirche habe die Orgel spielen können. Das sei grossartig gewesen. Er stammt aus Pennsylvania und spielt dort in einer Kirche die Orgel. Wenn der Pfarrer ausfalle, halte er auch gerade die Predigt, sagt er. Das gehe dann alles in einem.

Dann kommt er doch, der Regen
Anderntags, am Freitag, hat der Zug nach Basel eine halbe Stunde Verspätung. Wir setzten uns in ein sehr gut besuchtes Café vor dem Hauptbahnhof und zwar unter einen grossen Sonnenschirm, obwohl der Himmel nun plötzlich sehr bedeckt ist. Es beginnt zu regnen und alle Gäste eilen ins Gebäude. Wir haben Glück und können mit zwei, drei anderen Gästen, die ebenfalls Stühle gefunden haben unter dem Schirm, sitzen bleiben. Der grosse Platz leert sich im Nu und der Regen prasselt auf die Steinplatten. Der Zug nach Basel fährt bald.
42 Kilometer (Bad Godesberg – Köln)

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