Verlegerpräsident und Grundeinkommen

Es stehen wieder Tamedia-Angestellte auf der Strasse. Diesmal in der Romandie. Tamedia-Chef Supino macht sich so seine Gedanken, wie man Mitarbeiter geschmeidiger entsorgen könnte. Und es kommt ihm das Grundeinkommen in den Sinn.

ueber-bordRaus, über Bord und rein ins Grundeinkommen (academic-bible.com)

Der Mann ist ziemlich dreist. Um in seinem Medienunternehmen den Profit zu optimieren, stellte er kürzlich einen ziemlich drastischen Stellenabbau in Aussicht (zweitletzte und letzte Frage in diesem Interview) und am bereits vier Tage später, am Mittwoch, den 28. September 2016, vermeldet die Romandie die erste Tranche. Ja, das ist halt so. Das ist nichts Aussergewöhnliches mehr. Aber dann kommt’s: «Wir werden am Ende über ein bedingungsloses Grundeinkommen nachdenken müssen.» Sagt er, der Wirtschaftsführer Pietro Supino, der Chef des Unternehmens Tamedia. Er sagt auch, dass die Politik das Drumherum richten müsse, sich irgendwie um das Grundeinkommen zu kümmern habe. Wahrscheinlich darf es nichts kosten, das Grundeinkommen. Oder ämmel nicht viel. Die Redaktionen von Tamedia haben in den letzten Wochen jedenfalls heftig gegen die AHVplus-Initiative geschrieben, weil sie zuviel gekostet hätte. Und die AHV ist ja so eine Art Grundeinkommen.

Also: Haltet mir das Pack und Lumpenproletariat vom Leibe und gebt ihm ein Grundeinkommen. So spricht Wirtschaftsführer Supino. Ziemlich tolldreist, wirklich.

Er selbst weiss ziemlich gut, dass das Geld nicht auf der Strasse liegt, wie es die naiven Burschen und Mädels der Initiative für ein Grundeinkommen behauptet haben. Auf der Strasse habe ich jedenfalls ausser mal einem Zwanziger oder einem Fünfzigerli nie Geld liegen sehen. In den Cayman Islands gibt’s das wohl auch kaum, dort ist es in den Trusts und in Stiftungen und in solchen Sachen. Das weiss Herr Supino auch.

Er weiss zum Beispiel auch ziemlich gut, wie man an ein Grundeinkommen rankommt. Die Familien Supino und Coninx und Co. haben sich das ihre vor etwa 15 Jahren beschafft, als sie einen Teil der Familienaktien für mehr als eine halbe Milliarde verkauft haben. Für mehr als eine halbe Milliarde. Die Familienmitglieder mit allen Enkeln und Urenkeln und Angeheirateten und so sind zwar recht zahlreich, aber doch nicht so zahlreich, als dass jedem von ihnen nicht ein Grundeinkommen geblieben wäre, mit dem sich in der Zürcher Bahnhofstrasse auch mal shoppen lässt.

Die Familie Supino und Co. hat das recht geschickt angestellt. Ihre mehr als halbe Milliarde kam dadurch zustande, dass sie die den Käufern eins vorbluffte und zwar ganz dicke. 260 Franken kostete die Aktie. Doch kaum war die halbe Milliarde auf den Supino/Coninx-Konten, da sauste die Aktie zeitweise auf 60 Franken runter und die Käufer besassen nicht einmal mehr einen Viertel ihres Einsatzes. Heute ist sie zwar auf 160 Franken gestiegen, aber der Verlust ist noch immer prächtig.

Auf ganz fiese Weise haben die Supinos und Co. ihren eigenen Angestellten das Geld aus dem Sack gezogen. Sie durften die Aktie für einen Vorzugspreis von 208 Franken kaufen. Durften? Wer nicht einstieg, galt als illoyal gegenüber dem Arbeitgeber und Unternehmen. Also zahlte man so seine 4000 Franken für ein, zwei Dutzend Tamediaaktien und sitzt seither auf einem Paket, das auch nach fünfzehn Jahren noch immer ein grosses Verlustgeschäft ist. Ein Verlustgeschäft, das den Familien Supino und Co. ein schönes Grundeinkommen sicherte.

Jetzt regt der Herr Pietro Supino also an, die Politik möge sich Gedanken über ein bedingungsloses Grundeinkommen machen, damit er bedenkenlos Leute entlassen kann. Geht’s nicht noch ein bisschen zynischer?

academic-bible.com

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