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Gestrauchelter BAT-Man

Tages-Anzeiger; 13.02.2001; Seite 1

Hess gibt Mandate ab
Nationalratspräsident Peter Hess tritt per sofort aus den Verwaltungsräten von zwei Tabakfirmen zurück.
Zug. – Die beiden Firmen sollen laut „SonntagsBlick“ in den internationalen Zigarettenschmuggel verwickelt sein. Der Zuger CVP-Politiker sagte, er wolle mit diesem Schritt demonstrieren, dass er „ohne Einschränkung“ für eine gezielte Bekämpfung des Tabakschmuggels und der Geldwäscherei eintrete. Zurückgetreten ist Hess aus den Verwaltungsräten zweier Firmen, die zum weit verzweigten Tabakkonzern British American Tobacco (BAT) gehören: aus der BAT International und der Mabritab International. Vom gemeinsamen Firmensitz in Zug aus wurden die Vorwürfe dubioser Geschäftsbeziehungen dementiert. Pikanterweise hat Nationalratspräsident Peter Hess während Jahren nicht deklariert, dass er Verwaltungsratsmandate der Tabakindustrie innehat. Auch andere Mandate hat er im Register der Interessenbindungen nicht angemeldet.

KOMMENTAR

Gestrauchelter BAT-Mann
Von Urs Buess
Erst ein Viertel seiner Amtszeit hat Nationalratspräsident Peter Hess hinter sich, und schon ist er derart gestrauchelt, dass er den Weg kaum mehr aufrecht zu Ende gehen kann. Ein zu hartes Urteil? Nur weil er als Verwaltungsrat eine Firma vertritt, die verdächtigt wird, im Zigarettenschmuggel mitzumischen? Und weil er es versäumt hat, dieses Mandat offen zu legen?

Nein, weil er über seine eigenen Ansprüche gestolpert ist. „Das Fehlverhalten einzelner Amtsträger“ habe dazu beigetragen, dass das Vertrauen vieler Mitbürgerinnen und Mitbürger in die politischen Behörden leide. Das hat Peter Hess unmittelbar nach seiner Wahl ins Amt des höchsten Schweizers verkündet. Und beigefügt, dass ihm ein zentrales Anliegen sei, das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen.

Das sagte einer, der seine Mandate bei der British American Tobacco (BAT) nicht öffentlich deklariert hat. BAT-Mann Hess versucht nun weiszumachen, er habe diese Mandate für zu wenig bedeutend gehalten. Mit solch verwedelnder Argumentation begibt er sich aber genau in jene Grauzone von Halbwahrheiten und Ausreden, die das Vertrauen der Bevölkerung untergräbt. Immerhin kontrolliert der BAT-Konzern über 40 Prozent des schweizerischen Tabakmarkts. Hess ist unglaubwürdig geworden und wird das Wort „Vertrauen“ an den zahlreichen Anlässen in seinem Präsidialjahr nicht mehr in den Mund nehmen können.

Mehr noch: Wie steht ein Land da, dessen oberster Repräsentant ein Unternehmen vertritt, das angeblich in Zigarettenschmuggel und Geldwäscherei involviert ist? International steht die Schweiz am Pranger, weil sie zu wenig dagegen unternehme. Da genügt es wohl nicht, wenn der Nationalratspräsident, der sich nach seinen eigenen Worten nur „in lupenreinen Unternehmen“ engagiert, sich aus einem Verwaltungsrat zurückzieht.

Um den Versicherungen der Schweiz, Geldwäscherei und Zigarettenschmuggel zu bekämpfen, Nachdruck zu verschaffen, könnte Hess auch den Präsidentensessel räumen – statt die restlichen drei Viertel seiner Amtszeit angeschlagen auszusitzen.